
In vielen japanischen Tempeln findest du tatsächlich Hunderte, manchmal sogar Tausende kleine Statuen, die auf den ersten Blick identisch wirken. Doch hinter dieser scheinbaren Gleichförmigkeit steckt eine tief verwurzelte spirituelle Bedeutung – und oft auch eine bewegende Geschichte.
Ein besonders häufiges Beispiel sind die Jizō-Statuen, die den Bodhisattva Jizō (japanisch: 地蔵) darstellen. Jizō gilt im Buddhismus als Schutzpatron der Kinder, Reisenden und insbesondere der Seelen ungeborener oder verstorbener Kinder. Die vielen gleich aussehenden Statuen symbolisieren dabei nicht nur die universelle Fürsorge Jizōs, sondern stehen oft stellvertretend für einzelne Gebete oder Wünsche von Gläubigen. Eltern, die ein Kind verloren haben – sei es durch Krankheit, Unfall oder Fehlgeburt – lassen häufig eine Jizō-Statue aufstellen, um dem Kind spirituellen Schutz zu gewähren und Trost zu finden.
Ein eindrucksvolles Beispiel ist der Kongōrinji-Tempel in Shiga, wo Hunderte liebevoll geschmückte Jizō-Statuen stehen. Viele tragen kleine Mützen oder Lätzchen, die von Angehörigen gestrickt wurden – ein Zeichen der Zuneigung und Fürsorge.
Daneben gibt es Tempel wie den Otagi Nenbutsuji in Kyoto, der über 1.200 sogenannte Rakan-Statuen beherbergt – Darstellungen der Jünger Buddhas. Diese wurden von Laien unter Anleitung eines Priesters selbst gemeißelt, wodurch jede Figur eine eigene Mimik und Persönlichkeit besitzt. Obwohl sie auf den ersten Blick ähnlich wirken, steckt in jeder ein individueller Ausdruck – manche lachen, andere meditieren, wieder andere halten moderne Gegenstände wie Walkmans oder Tennisschläger. Es ist eine faszinierende Mischung aus Spiritualität und Humor.
Kurz gesagt: Die Vielzahl gleich aussehender Statuen in japanischen Tempeln ist Ausdruck kollektiver Erinnerung, spiritueller Fürsorge und künstlerischer Tradition. Sie stehen für Mitgefühl, Gemeinschaft und die Hoffnung, dass jede Seele – ob Kind, Reisender oder Gläubiger – ihren Weg findet.
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